Der Praxisbesuch in einem Alzheimer-Tageszentrum brachte mir zur Freude der Schülerin zwei neue Verehrer ein. Der eine, ein leidenschaftlicher Raucher, bekommt jetzt jeden Abend eine CAMEL CRUSH, wenn er - wie mir versprochen - nicht mehr randaliert. Der andere, ein ehemaliger Übersetzer, darf mir in einer Sprache seiner Wahl einmal täglich eine Nachricht auf dem Anrufbeantworter hinterlassen - sofern ihm die Telefonnummer einfällt. Ab und zu komme ich vorbei, bringe Zigaretten-Nachschub, trinke eine Tasse Kaffee mit der Leitung und gehe dann mit den Herren am Rhein spazieren. Und als Praktikantinnen werden bevorzugt jene eingestellt, die ich empfehlen kann.
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Am Ende erkundigt sich jemand nach dem Web-Zeitalter (mit langem "e").
Vorher schreibt einer "Phobas" - und ich brauche eine Weile, bis ich begreife, dass er den Fauxpas erst gar nicht gesucht hat in den Lexika, die zum allgemeinen Gebrauch ausliegen.
Eine andere macht sich bemerkbar und zeigt mit spitzem Finger auf ein Wort im Sachtext; ob das richtig geschrieben sei, sie habe es im Fremdwörterbuch nicht finden können. (Es handelt sich um das deutsche Wort "verhuscht", dessen Bedeutung der Rechtschreib-Duden vorsorglich erklärt. Noch eine halbe Stunde später schüttelt sie darob ihr wohlfrisiertes blondes Köpfchen.)
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Und morgen staunen sie dann wieder, wie schnell so etwas geht. Außer denen, die samstags Mails rumschickten und sich am Sonntag telefonisch arrangierten.
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Auf dem Weg hierher klären sie noch ab, wen sie mitbringen zum Essen.
Und wie immer stecken sie mich an mit ihrer Lebensfreude. Dann läuft alles wie am Schnürchen: ich koche, einer führt die Gäste rum, der andere sorgt für Getränke; wer neu ist, deckt den Tisch. Später wird getrommelt und gesungen.
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Wie das, was gewesen ist, vergiftet wird von dem, was sich gerade zuträgt.
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Lange gesucht - endlich gefunden - und gleich wieder verloren.
Weil sie schon verkauft waren, 'meine' Gläser von Per Lütken. |x|
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"Un petit blanc?", grinst der Nachbar schon morgens um elf und schwingt mit der Linken zwei Gläser aufs neue Gartentischchen und in der Rechten einen kühlen Grauburgunder. Später etwas Brot und Oliven. So schön, der Sonntag.
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Seit sie erfolgreich ausgezogen sind, hat es sich eingebürgert, dass die Jungs am Samstag Abend zum Essen kommen. Sie wollen dann erstens viel und zweitens Fleisch. Ich brutzele das Doppelte der üblichen Menge und noch eine Portion für den Topf und staune jedes Mal wieder, dass am Ende alles aufgegessen ist. Ihr Bier und die Musik bringen sie mit - da unterscheiden sich unsere Geschmäcker dann doch erheblich. Und wenn alles getrunken ist, sind auch die Ereignisse der vergangenen und die Vorhaben der kommenden Woche erzählt und sie ziehen von dannen. Ab Sonntag rufen dann Väter, Mütter und sonstige vormals Erziehungsberechtigte an, um ihren Anteil an den Neuigkeiten abzugreifen - aber auf die Idee, einfach mal selber was auf den Tisch zu bringen und eigenen Senf dazuzugeben, kämen sie nie im Leben.
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In einer Nacht- und Nebelaktion habe ich alle Räume mit Blumen versorgt:
das Treppenhaus mit einer blaue Hortensie;
den Flur mit drei weißen, stark duftenden Lilien;
das Büro mit Rosen in Pink und Lila sowie Ranunkeln in Rosa und Weiß;
das Wohnzimmer mit Rosen, Gerbera, Ranunkeln in Gelb- und Apricot-Tönen;
das Esszimmer mit dunkelroten Rosen und Bartnelken mit Vergissmeinnicht;
die Küche mit Tulpen (hell- und dunkelgelb, orange, weiß und violett);
das Schlafzimmer mit Mandelblütenzweigen;
Bad und Gästetoilette mit einzelnen Blüten und Efeu;
das Gästezimmer mit einem bunten Restesträußchen, u.a. Glockenblumen.
Die Freundin konnte es nicht lassen, den Wert zu überschlagen, zumal das Blattwerk der Sträuße noch Preisschild trug. Gekostet hat es mich allerdings nur den gestrigen Spätabend-Spaziergang mit Korb, Sortieren, Arrangieren, Abfall entsorgen: insgesamt vielleicht anderthalb Stunden.
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Hast du auch ein "lieblos/bürokratisch" auf den Brief?
Ich hab "ansprechend/informativ" -
bestimmt besser als "gewollt lustig" ohne Schrägstrich.
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Noch immer garniere ich mein Nein mit einem "tut mir leid" - tut's aber nicht.
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Hier nicht ganz so traurig wie dort: zu wenig Mann und zu wenig Mensch.
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Sie riefen mich an ihren Tisch. Wie jung sie alle wirkten auf diesen Fotos.
Ich sah eigentlich aus wie immer - nur mit Brille; die Augen habe ich mir erst in den 90ern lasern lassen. Und seitdem sehe ich vieles klarer, sehr viel klarer.
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Sie hat mir oft von ihrer Tante in der Schweiz erzählt, die sie so gern besuchte, weil ihr deren Lebensart gefiel.
Sie (die Tante) war eine ehemalige Juristin, die sich von der Familie fern hielt und es stets vermieden hatte, sich länger an einen Mann zu binden, weil ihr das, was man gemeinhin als Familienleben ansieht, nicht zusagte. Insbesondere wollte sie - außer für Feste - nicht kochen. Gäste hatte sie gerne und auch die Kinder der entfernten Verwandtschaft durften sie besuchen. Sie ging dann mit ihnen essen oder sie reicherte ihre gewohnten Apéros etwas an. Sie selbst ernährte sich nahezu ausschließlich von diesen Kleinigkeiten: Oliven, Pecorino, Nüsse und Früchte aller Art. Auch hatte sie stets Kekse vorrätig und Getränke, wie Sekt, Grapefruitsaft, Gin und Rotwein, die sie auch den Minderjährigen nicht verweigerte, schon gar nicht an den Abenden, die philosophierend oder spielend am Kamin oder auf der Terrasse verbracht wurden, sofern man nicht ins Theater ging. Sie war auch im Alter sehr schlank, blieb im Geist beweglich und lebte allein, aber nicht einsam in ihrer hundert Jahre alten Villa am See.
Als sie starb, war es Ostern. Die Nichte, von der ich oben schrieb, war am Vorabend angekommen. Ohne die Langschläferin zu wecken, fuhr sie samstags einkaufen und wunderte sich, dass die Fensterläden bei ihrer Rückkehr noch immer geschlossen waren.
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Das kannst du nicht wollen, sagt der Sohn, mit drei stinkenden Kerlen im Auto, die zusammen nicht viel älter sind als du alleine - und jedes freie Eckchen ist mit Bierflaschen ausgestopft. . .
Und überhaupt, weißt du denn, wer kommt?
Ich meine, welche Band interessiert dich eigentlich?
Warst du schon mal bei Rock am Ring?
Findest du das nicht ein bisschen unübersichtlich?
Und von uns kann ja auch nicht die ganze Zeit einer auf dich aufpassen. . .
Also gut, wir haben zwar nur die drei Karten, aber wenn du wirklich willst, dann sag jetzt, dass du es ernst meinst - dann rufe ich Ch. an und frage, ob sich da noch irgendwas machen lässt.
Nein, ich will ja gar nicht. Ich will nur wissen, ob ich könnte, wenn ich wollte.
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